20 Mai Das Karussell
Wer da keine Kindheitserinnerungen hat.
Mir kommt mein kolerischer Gymi-Deutschlehrer in den Sinn. Eines muss ich ihm lassen, dank ihm habe ich die schönsten Gedichte der deutschen Literatur kennen gelernt.
Das Karussell
Jardin du Luxembourg
Mit einem Dach und seinem Schatten dreht
sich eine kleine Weile der Bestand
von bunten Pferden, alle aus dem Land,
das lange zögert, eh es untergeht.
Zwar manche sind an Wagen angespannt,
doch alle haben Mut in ihren Mienen;
ein böser roter Löwe geht mit ihnen
und dann und wann ein weißer Elefant.
Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald,
nur dass er einen Sattel trägt und drüber
ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.
Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge
und hält sich mit der kleinen heißen Hand
dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.
Und dann und wann ein weißer Elefant.
Und auf den Pferden kommen sie vorüber,
auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge
fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge
schauen sie auf, irgendwohin, herüber –
Und dann und wann ein weißer Elefant.
Und das geht hin und eilt sich, dass es endet,
und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel.
Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet,
ein kleines kaum begonnenes Profil -.
Und manchesmal ein Lächeln, hergewendet,
ein seliges, das blendet und verschwendet
an dieses atemlose blinde Spiel. . .
Rainer Maria Rilke, Juni 1906, Paris
Nostalgie pur – zumindest für mich.
Raphaël Wolf
Photograph enchanteur
Wieso sagst Du es nicht mit einem Bild?
Wer lokale Fotografen engagiert – unterstützt damit die Weiterbildung und Kurse deren Kinder – Danke!
(Copyright: Raphaël Wolf; schreibt mir bei Interesse – Danke)
No Comments